Auswahl von Impulsen von Pater Ezekiel Oko



Vergebt dem anderen siebenundsiebzigmal

Matthäus 18,21–35


Es gibt viel, was wir zu Recht von den anderen erwarten, was jedoch nicht in Erfüllung geht. Sie enttäuschen unsere Erwartungen. Solche unerfüllten Erwartungen ärgern uns. Daran geben wir den anderen die Schuld. Es fällt uns schwer, ihnen zu vergeben, weil wir denken, sie hätten sich anders verhalten sollen. Natürlich haben wir Recht. Aber der Mensch macht Fehler, selbst, wenn er das nicht will. Bei Menschen gibt es manchmal einen Unterschied zwischen dem, was er will und dem, was er vermag. Vielleicht kennt jeder von uns dieses Gefühl von Spannung, zwischen dem, was er will und dem, was er tatsächlich tut.

Der Hl. Paulus schreibt auch von dieser Spannung: „Das Wollen ist bei mir vorhanden, aber ich vermag das Gute nicht zu verwirklichen. Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will, das vollbringe ich.“ (Röm 7,18-19) Das zeigt, wie schwach wir Menschen sein können. Diese Situation ist aber schon gut; denn jemand, der versteht, dass das, was er tut, das Böse ist, hat es einfacher, seine Sünden und Fehler zu bereuen und um Vergebung zu bitten.

Es gibt aber auch den anderen Fall, in dem der Sünder nicht bereit ist, seine Sünden und Fehler zu bereuen, weil er nicht erkennt, dass er einen Fehler begangen hat. Es mangelt solchem Sünder an der Erkenntnis seiner Sünde. Es gibt aber einen dritten Fall, in dem der Sünder einfach Gefallen daran hat, das Böse zu tun. Ihm fehlt dann die Zuneigung zum Guten. Jeder von diesen drei Fällen ist eine Situation des Mangels:

1. Mangel an der Kraft, Gutes zu tun,
2. Mangel an der Erkenntnis von Sünden,
3. Mangel am guten Willen.

Wir brauchen es, dass wir einander vergeben. Aber wie gehen wir mit den drei Arten von Sündern um? Im ersten Fall erkennen wir eine Situation, die auch wir erfahren: dass es uns oft an der Kraft fehlt, das Gute zu tun statt des Bösen. Wenn wir das erkennen, können wir mit dieser Gruppe von Sündern das tun, was Jesus uns lehrt: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.“ (Joh 8,7) Wir sollen ihnen vergeben, weil auch wir gesündigt haben. Aber wie gehen wir um mit der zweiten Gruppe, die ihre Sünde weder anerkennen oder bereuen will? Es fehlt ihnen die richtige Erkenntnis. Sie müssen noch die richtige Perspektive haben, um die Wirkung ihrer Tat richtig zu erkennen. Sie brauchen nicht nur unsere Vergebung, sondern auch unsere Hilfe. Auch die dritte Gruppe von Sündern, die einfach Gefallen am Ausüben der bösen Tat hat, braucht unsere Hilfe. Es mangelt ihnen an etwas: an der Erkenntnis oder dem guten Willen. Wenn wir mit Liebe auf die Situation dieser Leute schauen, sehen wir nicht die Leute, die verurteilt werden sollen, sondern die Leute, die unsere Hilfe brauchen. Sie sind schwache arme Menschen; sie brauchen das Erbarmen Gottes und die Hilfe des Heiligen Geistes. Wir sollen dann für sie bitten. Und, wie Jesus uns auffordert, sollen wir ihnen siebenundsiebzigmal vergeben.

Gebet: Herr, unser Gott, verlass uns nicht in diesen Tagen der Buße. Steh uns mit deiner Gnade bei, damit wir mit ganzer Bereitschaft den Dienst vollziehen, den du uns aufgetragen hast. Amen.

 



Bibelstelle zum Impuls

Matthäus 18,21–35