Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko


Predigt zum 10. Sonntag im Jahreskreis Lesejahr: B

Bindung an Gott schenkt wahre Freiheit

Liebe Schwestern und Brüder, als Menschen sind wir soziale Wesen. Wir haben besondere Bindungen an andere Menschen – an unsere Familie, an unsere Freunde und Freundinnen, an viele andere Kreise, die uns sehr wichtig sind. Das sind enge und starke emotionale Beziehungen, die uns im Leben viel Gutes bringen. Aber - sie können uns auch manchmal zum Irrtum führen. Adam ließ sich von seiner Frau zum Irrtum führen, weil er ohne Überprüfung ihre Empfehlung annahm.

Ja, unsere Bindungen an unsere Familie, unsere engen Freunde und Freundinnen, an unsere wichtigen Gruppierungen prägen unsere Vorstellung von der Wahrheit und unseren Zugang zur Wahrheit. Wir fühlen uns oft verpflichtet, diesen Menschen Gehör zu schenken und ihren Maßstab zu unserem zu machen, und ihre Meinungen stark zu verteidigen. Als Christen sind wir aber berufen, über alle anderen Bindungen hinaus, unsere Bindung an Gott als den Maßstab für die Wahrheit zu nehmen. Das ermöglicht uns einen sicheren Zugang zur Wahrheit und schenkt uns neue Freiheit. Die Freiheit, der eigenen Familie, meinen Freunden und Freundinnen, auch meinen eigenen Wünschen zu widersprechen, wenn sie meine Bindung an Gott gefährden und meinen Zugang zu den anderen Menschen behindern.

Jesus will uns im heutigen Evangelium lehren, woran wir uns und unsere Loyalität binden müssen: an den Willen Gottes. Als ihm gemeldet wird: „Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und fragen nach dir“, da weist er sie schroff zurück mit der Frage: „Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?“ Und er gibt gleich selbst die Antwort darauf: „Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.“

Mit seiner Antwort macht Jesus deutlich, woran er sich selbst bindet und was er von denen erwartet, die zu ihm gehören wollen. Er erwartet also, dass sie den Willen Gottes als das grundlegende Ziel des Lebens annehmen. Er stellt seine Beziehung zu Gott über die zu seinen Angehörigen. Er meint, meine Familie und meine Angehörigen sind mir zwar wichtig, aber wichtiger ist meine Bindung an den Willen Gottes. Und wenn ich meiner Mutter und meinen Brüdern Gehör schenke, tue ich das nicht bloß, weil sie meine Angehörigen sind, sondern, weil sie Gott gehorchen und die Wahrheit vertreten.

Die Bindung an Gott wird für Jesus auch zum Schlüssel einer neuen Freiheit. Er lässt sich nicht von den Wünschen und den Vorstellungen seiner Angehörigen einschränken. Er durchbricht alle Konventionen, die den Zugang zu den Menschen behindern, und lässt alle – auch die Sünder und die geringgeachteten Menschen – seine Liebe erfahren. Durch sein Beispiel gibt er seinen Zuhörern, seinen Jüngern und uns mit auf den Weg: Nur die Bindung an Gott schenkt wahre Freiheit im Leben!

Liebe Schwestern und Brüder, manchmal fühlen wir uns verpflichtet, Meinungen, Wünsche und Weisungen anzunehmen und sie zu vertreten, vielleicht nur, weil sie von unserer Familie, unseren Freunden und Freundinnen, unseren Bekanntenkreisen stammen. Jesus ermutigt uns heute, über alle Bindungen hinauszugehen, und uns an Gott zu binden, der selbst die Wahrheit ist und uns in Wirklichkeit befreit. Nur dann können wir sehen, dass alle, die den Willen Gottes erfüllen wollen, unsere Angehörigen sind.



Evangelium vom 10. Sonntag im Jahreskreis im Lesejahr B