Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko


Predigt zum 3. Sonntag der Osterzeit Lesejahr: B

Liebst du mich?

Liebe Schwestern und Brüder, in dieser Predigt möchte ich über die Frage sprechen, die Jesus dem Apostel Petrus dreimal stellt. Es ist die Frage nach der Liebe. „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?“ Dass Jesus Petrus diese Frage dreimal gestellt hat, ist nicht überflüssig, wie wir vielleicht denken. Durch dieses dreimalige Fragen betont Jesus, dass Christsein nur durch die Liebe zu Gott und zu den Menschen erfolgen kann. Anders geht es nicht!

Aber die Betonung der Wichtigkeit der Liebe in seiner Nachfolge ist nicht der einzige Grund, warum Jesus diese Frage dreimal wiederholt hat. Es gibt noch zwei wichtigere Bedeutungen für die Wiederholung dieser Frage.

Der Austausch will uns zuerst erklären, welche Art von Liebe gemeint ist. Wir wissen vielleicht aus Erfahrung, dass wir Menschen unterschiedliche Dinge meinen, wenn wir Liebe versprechen oder sogar aus Liebe handeln. Wir wissen, dass Menschen im Namen der Liebe schreckliche Dinge getan haben, sei es aus Liebe zu ihrem Gott, zu ihren Nationen, zu ihren Religionen, zu ihren Freunden oder sogar zu sich selbst. Einige Kriege und terroristische Taten wurden und werden beispielsweise im Namen der Liebe geführt. Der heilige Augustinus schrieb einmal, dass Sünden Handlungen und Unterlassungen sind, die aus unvollkommener Liebe heraus begangen werden. Mit anderen Worten: Liebe kann perfekt oder unvollkommen sein; sie kann auch für verschiedene Menschen unterschiedliche Bedeutungen haben.

In der Wiederholung der Frage Jesu an Petrus: „Liebst du mich?“ lassen sich zwei unterschiedliche Arten von Liebe erkennen, die wir nur in der originalen Sprache des Evangeliums finden können. In den ersten beiden Fragen bittet der Herr Petrus um die vorbehaltlose, allumfassende, bedingungslose Liebe – Agape. „agapâs-me“ war seine Frage. Petrus, wohl in Erinnerung an die bittere Traurigkeit der Untreue und das Drama der eigenen Schwäche im Augenblick des Verrats, antwortet ihm: „Herr, ich habe dich lieb“ „philô-se“. Er hat Jesus die Liebe „philia“ versprochen. Er sagte also etwa: „Ich liebe dich mit meiner armseligen menschlichen Liebe; mehr kann ich dir jetzt nicht versprechen."

Erst beim dritten Mal verwendet Jesus selbst den Begriff der philia: „Simon, hast du mich lieb? (Phileîs-me?)“. Er will nun Petrus annehmen, wie er ist. Damit wollte er Petrus ermutigen, dass seine armselige Liebe, die einzige, zu der er fähig ist, am Anfang der Nachfolge genügt.

Damit kommen wir zu der zweiten Bedeutung der Wiederholung dieser Frage.  Die Ehrlichkeit, mit der Petrus darauf geantwortet hat! Petrus war ehrlich. Er wollte nicht etwas versprechen, was er nicht halten konnte. Aus seiner Schwäche hatte er schon viel gelernt und wollte Jesus nicht mehr enttäuschen. Deswegen hat er als Antwort nur „philô-se“ wiederholt. Es hat ihn aber traurig gemacht, dass er nicht mehr geben konnte.

Liebe Schwestern und Brüder, was Petrus, wie der Evangelist anmerkt, traurig macht (Joh 21,17), ist nicht so sehr die wiederholte Frage des Herrn, sondern die Einsicht, nicht mehr geben zu können. Jene Agape kann es nur geben, wenn und weil es Gott gibt. Sie ist jene Liebe, die Maß nimmt an der Liebe Gottes, der Liebe jenes Gottes, der uns zuerst geliebt hat (1 Joh 4,19) – weil Er die Liebe ist (1 Joh 4,8.16).

Auch wir haben oft die Einsicht, dass wir nicht mehr geben können, wenn unsere Beziehungen von uns allumfassende Liebe verlangen, wenn das hartnäckige Kind von uns Eltern mehr verlangt, als wir derzeit zu geben in der Lage sind, wenn unsere Ehe oder sogar der Fremde oder ein Gegner mehr als nur anziehende Liebe braucht. In solchen Situationen ist zunächst unsere Ehrlichkeit gefragt, Ehrlichkeit uns selbst gegenüber, aber auch gegenüber Gott und gegenüber dem anderen.

Jedes Wachstum, jede Veränderung, jede Transformation beginnt mit Ehrlichkeit. Aber darüber hinaus sollte man auch bereit sein, Fortschritte zu machen. Aber in seiner Ehrlichkeit, zuzugeben, dass er nur philia ausführen konnte, war Petrus offen und bereit, in der Liebe zu wachsen. Deshalb blieb er nicht in der philia stecken. Er war in der Lage, Jesus später mit einer vollkommeneren Liebe zu folgen. Einen Beweis dafür finden wir in der ersten Lesung: Trotz der Bedrängnisse legten die Apostel (unter ihnen Petrus) Zeugnis von ihrem Glauben ab. Sie freuten sich sogar darüber, dass sie gewürdigt worden waren, für den Namen Jesu Schmach zu erleiden. Erst wenn wir unsere Schwäche zugeben, können wir in der Liebe wachsen.



Evangelium vom 3. Sonntag der Osterzeit im Lesejahr B

Die Erscheinung Jesu in Jerusalem

Lk 24,35-48

Die beiden Jünger, die von Emmaus zurückgekehrt waren, erzählten den Elf und den anderen Jüngern, was sie unterwegs erlebt und wie sie Jesus erkannt hatten, als er das Brot brach.

Während sie noch darüber redeten, trat er selbst in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!

Zwei Boote mit Fischern ziehen einen großen Fang an Land. Jesus dirigiert sie.
Maler: Peter Paul Rubens, Der wunderbare Fischzug

Sie erschraken und hatten große Angst, denn sie meinten, einen Geist zu sehen. Da sagte er zu ihnen: Was seid ihr so bestürzt? Warum lasst ihr in eurem Herzen solche Zweifel aufkommen? Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an, und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht. Bei diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und Füße. Sie staunten, konnten es aber vor Freude immer noch nicht glauben.

Da sagte er zu ihnen: Habt ihr etwas zu essen hier? Sie gaben ihm ein Stück gebratenen Fisch; er nahm es und aß es vor ihren Augen.

Dann sprach er zu ihnen: Das sind die Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Alles muss in Erfüllung gehen, was im Gesetz des Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich gesagt ist. Darauf öffnete er ihnen die Augen für das Verständnis der Schrift. Er sagte zu ihnen: So steht es in der Schrift: Der Messias wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen, und in seinem Namen wird man allen Völkern, angefangen in Jerusalem, verkünden, sie sollen umkehren, damit ihre Sünden vergeben werden. Ihr seid Zeugen dafür.





Ausdruck als pdf im A4 Format
Druckversion


Video zum Thema:



Kommentare zu diesen Evangelium:
Ihr seid Zeugen dafür (Lk 24,48), Hl. Augustinus (354-430)
So steht es in der Schrift: Der Messias wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen, Schott - Meßbuch
Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es, Hl. Cyrill von Alexandria (380 – 444)