Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko


Predigt zum 17. Sonntag im Jahreskreis Lesejahr: B

Das Gebet „Vater unser“ nicht nur beten, sondern auch leben

Jesus zögerte nicht, seine Jünger beten zu lehren. Aus seiner Antwort auf die Bitte seiner Jünger stammt das Gebet, das wir das „Vater unser“ nennen. Das „Vater unser“ ist jedoch viel mehr als ein Gebet. Denn daraus lernt man ein Lebensmuster, das das Leben Jesu darstellt. Sein irdisches Leben bezog sich auf den Willen seines Vaters, der für ihn als der Wegweiser seines Lebens zu verstehen ist, dem er all seine Taten widmete. Sein Gebet bildete dann einen Rhythmus mit seinen Taten. Das gleiche Lebensmuster lehrt er seine Jünger durch das „Vater unser“.  Zwei wichtige Dinge sind in diesem Gebet bemerkenswert:

  • Wir sind Kinder Gottes und dürfen Gott unseren Vater nennen: Das Gebet drückt die Tatsache aus, dass wir Kinder Gottes sind, und dass wir mit Gott unser Leben planen dürfen. An der Anrede dieses Gebetes merkt man schon die Qualität der Beziehung, die Gott uns anbietet. Er will nicht, dass wir mit ihm eine distanzierte Beziehung haben, sondern, dass wir ihn als unseren Vater ansehen. Als seine Kinder dürfen wir mit ihm über alles sprechen. Allein das ist schon ein Plus für das Christentum. Nur Jesus Christus hat den Menschen Gott so nahe gebracht, dass wir ihn unseren Vater nennen dürfen. In dieser vertrauten (fast familiären) Beziehung geht es nicht um Angst, Drohung oder Unterdrückung, sondern um Geborgenheit, Vertrauen und Achtung aus Liebe. Wir sollen Gott doch in Ehrfurcht begegnen und seinen Willen beachten.
  • Das Gebet berücksichtigt alle Aspekte unseres Lebens: Aus diesem Gebet lernen wir auch, dass Gott bereit ist, uns zu begleiten, nicht nur in Bezug auf das Hier und Jetzt unseres Lebens, sondern auch in Bezug auf unsere Vergangenheit und Zukunft. Dass wir um unser „tägliches“ Brot beten sollen, bedeutet, dass wir Gott jeden Tag nötig haben. Allerdings sollen wir nicht darauf warten, dass Gott uns die kleinsten Dinge schenkt, um die wir uns selber kümmern können. Trotzdem sind seine Begleitung und Führung auch bei den kleinsten Dingen notwendig. Er ist trotz all unserer Bemühungen derjenige, der uns letztlich das neue Leben schenkt. Im Vertrauen auf diese Fürsorge Gottes, dass wir täglich das bekommen, was wir zum Leben nötig haben, dürfen wir Zufriedenheit erfahren, egal wie es uns geht.

Im Leben geht es aber nicht nur um das Hier und Jetzt. Denn wir sind sowohl von unserer Vergangenheit als auch von unserer Zukunft geprägt. Unsere Vergangenheit beeinflusst unsere Gegenwart, indem sie uns wegen unserer vergangenen Fehler verurteilt. Manchmal sind wir in den Gedanken über diese Fehler gefesselt. Das „Vater unser“ lehrt uns, sowohl unsere Fehler als auch die der anderen durch das Erbarmen Gottes zu betrachten. Durch sein Erbarmen sagt Gott uns, dass wir nicht dauerhaft auf unsere Fehler festgelegt werden. Die im „Vater unser“ ausgesprochene Bitte um Vergebung deutet das Erbarmen Gottes an, und seine Bereitschaft, zu vergeben. Die Kehrseite dieser Bitte verpflichtet uns aber auch, diese Vergebung zu üben bei den Fehlern der anderen. Weil Gott uns so annimmt, wie wir sind, dürfen auch wir einander und auch uns selber annehmen, mit allen Ecken und Kanten, die wehtun können. Weil uns Vergebung geschenkt wird, können auch wir vergeben.

Das Gebet des Herrn lehrt uns außerdem, dass unsere Beziehung mit Gott auch etwas Wichtiges mit unserer Zukunft zu tun hat. Wir betrachten unsere Zukunft oft mit Angst, weil wir nicht wissen, was auf uns zukommt. Niemand kennt die Zukunft. Aber wir dürfen Gott unsere Zukunft anvertrauen. „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“, an dieser Stelle des Gebetes erkennen wir an, dass wir schwache Menschen sind, dass wir Gottes Hilfe und Schutz brauchen. Das ist wieder ein Zeichen unseres Vertrauens auf Gott, das uns Frieden schenkt, trotz aller möglichen Gefahr.

Liebe Brüder und Schwestern, wie schön wäre es, wenn wir dieses Gebet nicht nur beten, sondern auch die daraus entstehenden Lehren leben! Dann würden wir den Frieden erfahren, die nur aus einer vertrauensvollen Beziehung mit Gott kommt. Dann würden wir Mitarbeiter Gottes und könnten mit ihm seinen Plan für die Welt mitgestalten, wie Abraham in der heutigen ersten Lesung es getan hat.



Evangelium vom 17. Sonntag im Jahreskreis im Lesejahr B