Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko


Predigt zum 23. Sonntag im Jahreskreis Lesejahr: B

Die größte Bindung, in der alle anderen Bindungen ihre wahre Bedeutung bekommt

Als Kinder Gottes bekommen wir von Ihm nicht nur Zusprüche, sondern auch Aufforderungen. Denn er will das Beste für uns. Heute noch einmal bekommen wir von Jesus radikale Forderungen im Hinblick auf die Nachfolge: „Wenn jemand nicht sein Leben geringachtet, kann er nicht mein Jünger sein, wenn jemand nicht sein Kreuz trägt, kann er nicht mein Jünger sein, wenn jemand nicht auf seinen Besitz verzichtet, kann er nicht mein Jünger sein.“ Das heißt, alle Dinge, die für uns Menschen von zentraler Bedeutung sind: Macht, Familie, Ansehen, Besitz, eigenes Interesse, usw.

Das, liebe Schwestern und Brüder, sind Dinge, die unser Leben bequemlich machen; Bindungen, die uns Menschen helfen, unser Leben fokussiert und vielleicht auch behaglich zu führen. Aber es gibt Situationen im Leben, in denen wir diese Dinge loslassen müssen, um unser Leben sinnvoller und gerechter führen zu können.

Man kann jetzt an Nonnen und Mönche denken, die ihre Familie und andere Bindungen loslassen müssen, um ihre Berufung zu befolgen. Aber das gilt nicht nur den Nonnen und den Mönchen, sondern, uns allen, die uns zur Nachfolge Christi berufen sind.

Warum stellt Jesus so radikale Forderungen an uns? Er möchte, dass wir unseren Grund für Liebe und unseren Maßstab für Einschätzung im Hinblick auf die Nachfolge immer neu überprüfen lassen, damit wir die größte Bindung, die wir als Christen und Christinnen überhaupt haben, nicht aus den Augen verlieren. Diese größte Bindung ist die an Gott!

Wissen Sie? Familie kann uns täuschen, Freunde und Freundinnen können uns in die Irre führen, Macht und Ansehen sind auch vergänglich, und eigene Interessen können die wichtigsten Dinge des Lebens verblassen lassen. Das heißt, wenn sie für uns das grundlegende Licht werden, mit dem wir die Welt sehen und einschätzen, dann müssen wir sicher sein, dass wir enttäuscht werden können.

Jesus stellt uns im heutigen Evangelium die größte Bindung, die wir in allen Situationen unseres Lebens vertrauen können, ohne enttäuscht zu werden. Gott genügt, als der Grund, warum wir lieben, er genügt als der Maßstab, mit dem wir im Leben alles einschätzen können. Das erinnert mich an den Wahlspruch der Heiligen Theresa von Avila: „Um nichts muss ich fürchten, denn Gott allein genügt: solo Dios basta (Gott allein genügt)“.

Nachfolge Christi beginnt, wenn man daran glaubt, dass Gott allein genügt. Dann beginnt man alles in seinem Ursprung, also in Gott, zu achten und zu finden.  Wenn wir so alles geringachten, um alles in seinem Ursprung, in Gott zu achten und zu finden, dann hat Gott in uns begonnen, seiner Liebe einen Grund zu bereiten. Das ist Nachfolge: Gott allein genügt.

Nur dann können wir loslassen, wenn es nötig ist. Nur dann können wir unserem Mitmenschen wahre Wertschätzung entgegenbringen. Also nicht mehr, weil er zu meiner Familie, zu meinem Freundeskreis, zu meinem Land gehört. Nicht, weil er meine Sprache spricht, meine Interessen vertritt oder meine Meinung vertritt. Sondern einfach, weil er ein Mensch ist, ein "Imago Dei", ein Ebenbild Gottes, weil in ihm ein Herz schlägt, das Liebe und Wertschätzung verlangt.

Das ist nicht leicht! Darin besteht das Kreuz. Die Unbequemlichkeit, das Loslassen, der Verlust eigenen Interesses bei der Nachfolge! Das sind das Kreuz, das wir als Christen ertragen müssen. Aber Jesus ist uns ein Vorbild. Er leitet den Weg. Deswegen heißt es Nachfolge Christi!



Evangelium vom 23. Sonntag im Jahreskreis im Lesejahr B