Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko
Durst nach erfülltem Leben
Liebe Schwestern und Brüder, es ist heute wieder eine große Freude, sich um den Tisch der Eucharistie versammeln zu dürfen, wo wir jedes Mal viel Gnade und Kraft zum Leben bekommen.
Besonders passend ist es, dass wir heute im Wort Gottes über Durst hören. Es geht hier einerseits um unsere Grundbedürfnis nach Trinkwasser, andererseits aber um Durst auf eine andere Ebene – nach Sinn im Leben. Auf beide Ebenen ist es dringlich und lebensnotwendig Durst zu stillen. Man beschreibt sie als Grundbedürfnis, um die Dringlichkeit seiner Erfüllung zu betonen.
In den Lesungen begegnen uns zum einen die Israeliten, die in der Wüste einen großen Durst hatten. Sie brauchten dringend Trinkwasser. Aber ihr Durst nach Orientierung, also nach Sinn im Leben, war eben größer. Mit Hilfe Moses und durch Gottes Fürsorge wurden sie mit Wasser versorgt. Aber wie stillen sie ihre Sehnsucht nach Orientierung, nach Sicherheit? Können sie an dem Glauben festhalten, dass Gott ihnen den Weg durch die Wüste ins Verheißene Land weist? Ihre wiederkehrende Beschwerde gegen Mose und Aaron zeigt, wie kurz ihr Vertrauen in Gott war.
Zum anderen kam die Frau am Jakobsbrunnen dorthin, um Wasser zu schöpfen. Sie suchte nach Trinkwasser, ohne zu wissen, dass sie vielmehr Sehnsucht nach dem Lebenssinn hatte. Erst die Begegnung mit Jesus öffnete ihr die Augen für diese Sehnsucht.
Wenn wir von Durst nach Trinkwasser sprechen, denken wir an viele Menschen, die nicht genug oder sogar kein Wasser zu trinken haben. Diese verstehen gut, wie herausfordernd Durst sein können.
Liebe Schwestern und Brüder, ich kann es nachvollziehen, wenn ich heute in der ersten Lesung hörte, dass die ganze Gemeinde der Israeliten in der Wüste gegen Mose und Aaron murrte, weil sie dürstete. Als Kinder und Jugendliche mussten meine Geschwister und ich mindestens 3 Kilometer zu Fuß gehen, um Trinkwasser finden zu können. Auch heute ist es nicht leichter geworden, besonders wenn man auf dem Dorf wohnt. Brunnen müssen gebohrt werden, um die Strecke zur Wasserquelle zu verkürzen.
Diese Erfahrung hat mich gelehrt, nicht nur dafür dankbar zu sein, dass es uns hier in Deutschland nicht mehr an Trinkwasser mangelt, sondern auch an diejenigen zu denken, die dieses Grundbedürfnis nur mit einer großen Schwierigkeit erfüllen können.
Aus eigener Erfahrung kann ich nur bestätigen, dass es den Hungernden und Dürstenden schwerfällt, Gottes Liebe wahrzunehmen. Denn sie beschäftigen sich normalerweise so mit der Sorge um die Stillung dieser menschlichen Grundbedürfnisse, dass sie nur noch wenig Kraft zum Leben haben, um Gottes Fürsorge wahrnehmen zu können. Es mangelt ihnen oft an Leistungsfähigkeit und Gesundheit, andere Bereiche ihres Lebens zu entfalten. Wir alle sind deswegen gerufen, beim Kampf gegen Durst in der Welt zu helfen. Auch wenn es nur ein kleiner Beitrag dazu ist.
Über physiologischen Durst hinaus gibt es aber auch geistlichen Durst, der einen trotz Überfluss von Trinkwasser betreffen kann - Durst nach Lebenssinn. Darunter leiden viel mehr Menschen.
Auch diese muss gestillt werden, bevor man aufrichtigen Frieden und Erfüllung finden kann. Jesus verspricht der Frau am Jakobsbrunnen: „Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben fließt.“ (Joh 4,14)
Liebe Schwestern und Brüder, wir Menschen können nie von materiellen Dingen satt werden. Je mehr Materielles der Mensch besitzt, desto intensiver wird er nach mehr verlangen. Das Verlangen nach mehr wird nicht gestoppt werden, bis wir in Gott entdecken, dass wir nicht für den materiellen Besitz geschaffen wurden, dass wir eine Seele besitzen, die sich niemals durch materiellen Besitz stillen lässt. Nur aus der Liebe, die Jesus uns gibt, kann die Sehnsucht unserer Seele gestillt werden.
Die Eucharistie, den Leib Christi, den wir in dieser Heiligen Messe gleich empfangen dürfen, ist das Sakrament dieser Liebe. Und wir dürfen es nicht nur empfangen, sondern seine Botschaft auch weitergeben. In der Liebe füreinander können wir den Sinn des Lebens entdecken und dadurch die Sehnsucht unserer Seele erfüllen.
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