Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko


Predigt zum 5. Sonntag der Fastenzeit Lesejahr: B

Ich bin die Auferstehung und das Leben

Liebe Schwestern und Brüder, wir befinden uns bereits in der fünften Woche der Fastenzeit. Vier Wochen liegen bereits hinter uns. Aber wenn die Zeit so schnell vergeht, ist es wichtig, den Sinn der österlichen Bußzeit nicht aus den Augen verlieren. Der Sinn ist die Begegnung mit Jesus, der uns von der Wunde der Sünde heilt, der den Glauben weckt, wo er fehlt, der Hoffnung gibt in all den hoffnungslosen Situationen des Lebens, der Leben schenkt, wo uns der Tod droht, der uns in all dem seine Liebe beweist.

Erinnert ihr euch daran, dass die Lesungen der letzten vier Sonntage uns die Geschichten von Menschen erzählt haben, die diese verwandelnde Kraft des Herrn in ihrem Leben erfahren haben:

Einmal war es die Geschichte der Jünger Jesu, die verzweifelt waren, deren Glaube aber durch die Erfahrung der Verklärung Jesu gestärkt wurde. Ein anderes Mal war es eine Frau, die nach dem Sinn des Lebens dürstete und durch eine Begegnung mit Jesus wieder Orientierung fand.

Im Evangelium des letzten Sonntags wird ein Blinder nicht nur von der Blindheit seiner organischen Augen geheilt, sondern auch von der seines Herzens und seiner Seele. Das sind alles Menschen, die in konkreter Not und schwierigen Situationen Jesus begegnet sind und seine Liebe erfahren haben.

Heute wird uns vom Tod des Lazarus erzählt, den Jesus wieder zum Leben erweckte. Die Geschichte von Lazarus ist sowohl als konkrete Geschichte als auch im übertragenen Sinne zu verstehen. Einerseits ist es die Geschichte einer konkreten Situation, die Erfahrung eines konkreten Menschen, der tot war, aber wieder zum Leben erweckt wurde. Diese Perspektive der Geschichte macht uns bewusst, wie schmerzhaft der Tod eines geliebten Menschen ist.

Die beiden Schwestern von Lazarus – Maria und Martha – haben viel geweint und getrauert. Sie waren untröstlich über den Tod ihres Bruders Lazarus, ebenso alle, die Lazarus kannten. Von Jesus hören wir zweimal, dass er „im Innersten erregt und erschüttert war“, ja in diesem einzigen Fall hat er sogar geweint, also zutiefst menschlich.

All das ist uns ja auch heute nicht fremd. Tod, Leid, Trauer, in Familien, bei ganzen Völkern. Jeder von uns hat schon einmal beim Tod eines nahestehenden Menschen so sehr geweint und getrauert, wie Maria und Martha. Vor ein paar Monaten war ich in einer solchen Situation. Dabei habe ich auch mehrmals während der Feier der Heiligen Messen hier geweint, als ich für meine verstorbene Mutter gebetet habe. Wie schmerzhaft der Tod für die Hinterbliebenen ist!

Die Geschichte von Lazarus endet nicht mit seinem Tod. Ja, Jesus war da und stand den Verwandten bei, zeigte sein aufrichtiges Beileid, in Worten und in tiefen Gesten. Aber darüber hinaus hat er Lazarus zum Leben erweckt.

„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben“ so das Wort Jesu an Martha!  Jesus will Martha mit diesen Worten nicht einfach nur falsche Hoffnung machen. Er meint es ernst. Er will beweisen, dass nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern das Leben. Er will zeigen, dass selbst der letzte Feind des menschlichen Lebens, der Tod, überwunden werden wird.

Darin, liebe Schwestern und Brüder, liegt die Botschaft des heutigen Evangeliums: dass wir – begleitet von Jesus – alle Schwierigkeiten des Lebens überwinden können - nicht immer so, wie wir es wollen, sondern nach seiner Weisheit und seinem Plan für uns.

Da brauchen wir den Glauben, den Glauben, dass Jesus uns ins Leben zurückbringt, dass alles wieder gut wird, weil er uns begleitet. Jesus fragt Martha: „Glaubst du das?“. Das ist auch für uns die entscheidende Frage: Glauben wir das?

Wir erleben, dass nicht nur Menschen, die uns am Herzen liegen, ‚sterben‘ können. (Hier betrachten wir ‚Tod‘ in einem übertragenen Sinne.) Auch andere Dinge, die uns lieb und teuer sind, können sterben. Eine wichtige Beziehung ist ein gutes Beispiel dafür. Sie kann sterben. Und wenn das passiert, fühlen wir eine tiefe Traurigkeit. Auch ein Projekt, das wir zu unserem Lebensprojekt gemacht haben, kann sterben. Wir können ein solches Ereignis als sehr schmerzhaft erleben und untröstlich werden.

Liebe Schwester, lieber Bruder, ich weiß nicht, was in deinem Leben gestorben ist, das dir sehr wichtig war. Ich weiß nicht, worüber du jetzt trauerst, weil es nicht mehr da ist. Ich möchte dir nur eines sagen: Gib die Hoffnung nicht auf, die Hoffnung, dass alles wieder gut wird. Lass deinen Glauben an den Einen, der alles wieder gut machen kann, nicht sterben. Er sagt es uns: Ich kann wieder Leben schenken. Glaubst du das?



Evangelium vom 5. Sonntag der Fastenzeit im Lesejahr B