Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko


Predigt zum 6. Sonntag im Jahreskreis Lesejahr: A


Von Weisheit Gottes leiten lassen trotz unserer Freiheit

Liebe Schwestern und Brüder, viele Themen werden in heutigen Lesungen genannt, und es scheint, als seien nur wenige von ihnen miteinander verbunden. Doch im Gegenteil sind sie sogar ineinander verflochten. Wenn ich alle aufgeworfenen Fragen in einem Satz zusammenfassen könnte, würde ich sagen: „Wir Menschen sind von Gott dazu bestimmt, frei zu handeln, aber wir müssen uns dennoch von seiner Weisheit leiten lassen.“

Schon die erste Lesung führt uns diese Zusammenfassung vor Augen. Sie beginnt mit dem Satz: „Gott gab den Menschen seine Gebote und Vorschriften“. Aber in einem Satz vorher heißt es: Gott hat den Menschen „der Macht der eigenen Entscheidung überlassen.“ (Sir 15,14). Damit will der Verfasser Jesus Sirach daran erinnern: unsere Freiheit ist keine absolute Freiheit.

Es gibt vor allem drei Dinge, mit denen unsere menschliche Freiheit verbunden ist: Güte, Wahrheit und Gerechtigkeit. Stellt ihr euch vor, ich muss hierherkommen, um in dieser Kirche (St. Barbara) die Heilige Messe mit euch zu feiern, und ich möchte dabei meine Freiheit ausüben, indem ich mich für eine Fahrtrichtung entscheide. Meine Freiheit wird in dieser Situation durch das zu erreichende Ziel eingeschränkt. Wenn ich mein Ziel erreichen muss, kann ich trotz meiner Freiheit nicht jede Strecke nehmen. Und was wäre, wenn ich nicht wüsste, wo die Kirche St. Barbara liegt? In diesem Fall würde ich sogar einen Begleiter brauchen.

Wer wirklich frei handeln möchte, muss auch dabei versuchen, sich für das Gute, die Wahrheit und für Gerechtigkeit zu entscheiden. Es ist jedoch nicht immer, dass wir aus eigener Kraft erkennen oder verstehen können, was gut, was wahr, was gerecht ist. Wir Menschen sind also nicht alleingelassen mit der Frage, was unser Leben lebenswert macht und was unserem Seelenheil dient, was unseren Mitmenschen am besten dient. Wir brauchen dabei die Leitung von Weisheit Gottes, von der der Heilige Apostel Paulus in der zweiten Lesung schreibt: Wir verkünden „das Geheimnis der verborgenen Weisheit Gottes, die Gott vor allen Zeiten vorausbestimmt hat zu unserer Verherrlichung.“

Gott gibt uns seine Gebote und Vorschriften, aber er will uns damit nicht zwingen, sondern damit wir mit ihrer Hilfe das Ziel unseres Lebens erreichen können. Wir sind frei, uns für oder gegen Gott zu entscheiden. Mit dieser uns gewährten Freiheit ist jedoch die Verantwortung für unser Leben mit in unsere Hände gelegt. Aus der Verantwortung für uns selbst können wir nicht aussteigen. Wir müssen uns entscheiden: für Gott – und damit zugleich für seine Hilfe – oder für ein Leben ohne ihn.

Damit kommen wir schon zur Bergpredigt, zu konkreten Beispielen von Geboten und Vorschriften Gottes! Da sagt Jesus, es ist zu wenig, die Gebote zu halten, nicht zu töten, nicht die Ehe zu brechen, nicht zu stehlen, nicht zu lügen. Vielmehr sollen wir die bösen Taten mit der Wurzel ausreißen. Böse Taten kommen aus dem Inneren des Menschen, aus seinem Denken, seinen Einstellungen, die er sprachlich kundtut und dann in Taten umsetzt.

Die Bosheit der ziemlich kleinen Tat, Beleidigung, liegt darin, dass sie Wurzel größerer böser Taten ist: Sie ist auch schon ein Verstoß gegen Gerechtigkeit, Gute und Wahrheit. Sie raubt meinem Mitmenschen sein Recht zum Respekt und verletzt damit seine Würde. Grundlegend ist aber darüber hinaus die auf Falschheit basierte Überzeugung, dass er weniger Würde habe als ich.

Die Bergpredigt ruft zu radikaler Entscheidung auf: „Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein, alles andere stammt vom Bösen.“ (Mt 5,37). D.h. wenn wir zu Gottes Leitung „Ja“ sagen, ist es wichtig, dass wir unserem „Ja“ treue bleiben, nicht nur in großen Taten, sondern auch in kleinen. Unser „Nein“ zu Ungerechtigkeit, Unwahrhaftigkeit und allem Bösen muss auch in Details konsequent sein.

Damit das gelingt, kommt uns Jesus zu Hilfe. Er kennt unsere Schwächen, durchschaut, wie wir uns gelegentlich nur halbherzig der Treue zu Gottes Willen und der Beachtung seiner Gebote hingeben. Mit seinen vielen Beispielen im Evangelium will er uns wachrütteln. Wir bitten auch um die Kraft des Heiligen Geist, der uns die Weisheit Gottes enthüllt, weil er die Tiefen Gottes ergründet.



Evangelium vom 6. Sonntag im Jahreskreis im Lesejahr A:

Über die Erfüllung der Weisung Gottes

Mt 5,17-37

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen.

Amen, das sage ich euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist.

Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt, der wird im Himmelreich der Kleinste sein. Wer sie aber hält und halten lehrt, der wird groß sein im Himmelreich.
Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.

Josef sitzt schlafend auf einem Stuhl. Ein Engel steht hinter ihm und zeigt ein eine andere Richtung.
Gesetz und Gnade
Lucas Cranach d.A.
Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein.
Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du gottloser Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.

Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat,
so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe.
Schließ ohne Zögern Frieden mit deinem Gegner, solange du mit ihm noch auf dem Weg zum Gericht bist. Sonst wird dich dein Gegner vor den Richter bringen, und der Richter wird dich dem Gerichtsdiener übergeben, und du wirst ins Gefängnis geworfen.
Amen, das sage ich dir: Du kommst von dort nicht heraus, bis du den letzten Pfennig bezahlt hast.

Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen.
Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.
Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.
Und wenn dich deine rechte Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle kommt.

Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt, muss ihr eine Scheidungsurkunde geben.
Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch.

Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast.
Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel für seine Füße, noch bei Jerusalem, denn es ist die Stadt des großen Königs.
Auch bei deinem Haupt sollst du nicht schwören; denn du kannst kein einziges Haar weiß oder schwarz machen.

Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen.






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Video zum Thema:



Kommentare zu diesen Evangelium:
Zu den Alten ist gesagt worden - ich aber sage euch, Schott - Messbuch
Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen um aufzuheben, sondern um zu erfüllen, II. Vatikanisches Konzil
Das Gesetz ist in unserem Herzen verankert , Hl. Irenäus von Lyon (ca. 130-ca. 208)