Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko


Predigt zum 23. Sonntag im Jahreskreis Lesejahr: B

Geschwisterliche Zurechtweisung! Dabei zählt die Liebe!

Wir alle haben unsere Schwächen und Fehler, ob wir sie kennen oder auch nicht. Bei keinem ist alles Gold, was glänzt. Die Frage ist, wie gehen wir gegenseitig mit den Fehlern und Schwächen einander um?

Liebe Schwestern und Brüder, es passiert oft, dass wir den anderen ohne einfühlsame Überlegungen kritisieren. Es geschieht auch manchmal, dass wir sogar über den Fehler unseres Nächsten klatschen, ohne darüber mit ihm zu sprechen. So etwas geschieht einfach, ohne dass wir merken, wie sehr wir den Nächsten verletzen. Denn man sagt: am leichtesten zu erkennen sind die Fehler der anderen, aber am schwierigsten zu erkennen und einzugestehen sind eigene Fehler!

Vielleicht hast du schon einmal die schmerzliche Erfahrung gemacht, dass man seine Fehler nicht durch die liebevolle Zurechtweisung anderer erkannt hat, sondern durch Klatsch und Tratsch, die sich über diese Fehler verbreitet hat. Beziehungen sind schon dadurch zerbrochen, sei es in der Familie, in Bekannten- oder Freundeskreisen, oder sogar in der Gemeinde.

Sollen wir dann wegschauen, wenn der andere Fehler begeht? Nein! Auch das ist keine Lösung. Die heutigen Lesungen lehren uns, wie wir mit den Schwächen und Fehlern gegenseitig umgehen können. Die erste Anweisung dazu ist, dass wir nicht wegschauen sollen. Genau das haben wir in der ersten Lesung gehört. Wir müssen füreinander Verantwortung übernehmen. Aber wie? Das gelingt uns am besten, wenn wir einander zurechtweisen - aus Liebe.

Wenn wir unseren Nächsten so zurechtweisen, dass wir seine Würde respektieren und ihm die Möglichkeit geben, seine Seite der Geschichte aufzuzeigen, ist das ein Akt der Nächstenliebe und der Verantwortung füreinander! Das nennt man auch geschwisterliche Zurechtweisung.

Geschwisterliche Zurechtweisung beginnt mit dem Gedanken, dass auch ich meine eigenen Schwächen und Fehler habe. Dann kommt die Frage, „Was hätte ich mir gewünscht, wenn ich in seiner Situation wäre?“ Dabei überlege ich, wie ich es mir wünschen würde, dass ich korrigiert werde, wenn ich der andere wäre.

Bei diesen einfühlsamen Gedanken wird es mir deutlich, dass es auch für mich schwer wäre, Kritik in Form des Klatschens anzunehmen, auch wenn ich nicht vollkommen bin. Geschwisterliche Zurechtweisung ist anders und wirkt ganz anders. Sie ist es, den anderen bei seinem Fehler so zu korrigieren, wie ich es mir gewünscht hätte. Man spürt dabei den guten Willen des Zurechtweisenden, man erlebt die Liebe, die eine irrende Schwester bzw. einen irrenden Bruder zurückgewinnen will.

Liebe Schwestern und Brüder, die Zurechtweisung einer Schwester oder eines Bruders ist sehr wichtig, nicht nur im Leben eines Christen, sondern auch im Leben einer christlichen Gemeinde. Wie Jesus im heutigen Evangelium zeigt, ist das Ziel, den irrenden zurückzugewinnen.

Ein persönliches Gespräch ist dabei als erster Schritt sehr wichtig. Wenn es bei diesem ersten Schritt gelingt, ist das schon wunderbar. Bringt das aber keinen Erfolg, dann soll man sich Zeugen dazu holen. Auch das schützt noch den anderen besser als über den anderen in den Medien zu reden. Und wenn das nichts bringt, dann erst soll die Gemeinde entscheiden. Erst nach diesen Schritten "sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner".

Wir könnten denken, naja, muss man einen so großen Kraftaufwand treiben, nur um den anderen zurechtzuweisen? Es ist aber nicht das eigentliche Ziel, dass wir den anderen zurechtweisen, sondern, dass wir ihn zurückgewinnen. Wenn es uns um den anderen geht, müssen wir diesen Weg der Nächstenliebe gehen.

Auch wenn Jesus sagt, dass wir den anderen wie einen Heiden oder einen Zöllner sehen sollen, wenn unsere Mühe nichts bringt, meint Er nicht, dass wir ihn rauswerfen sollen. Wir müssen eines beachten: Jesus hat sich stets um diese Menschen – die Heiden und die Zöllner – bemüht. Er wollte sie zurückgewinnen für Gott. Auch wenn es uns nicht gelingt, den anderen zurückzugewinnen, können wir für sie weiter beten, damit sie eine Möglichkeit zur Umkehr finden und annehmen können.

Vielleicht hast Du in Deinem Leben jemanden, dessen Fehler und Schwächen Dich verärgern. Mit welchen Schritten hast Du versucht, ihn zurückzugewinnen? Hast Du mit ihm ein Gespräch unter vier Augen geführt? Welche Schritte fehlen noch? Ist er trotzdem in seinem Fehler geblieben? Vergiss nicht, für ihn zu beten. Verurteile ihn nicht endgültig. Denn er kann sich noch ändern.



Evangelium vom 23. Sonntag im Jahreskreis im Lesejahr B