Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko


Predigt zum 26. Sonntag im Jahreskreis Lesejahr: C

Umkehren: Wozu?

Liebe Schwestern und Brüder, im Evangelium stellt Jesus im Gleichnis die beiden Brüder dar, die in ihren Verhaltensweisen ganz unterschiedlich sind. Der eine ein Ja-Sager, dessen „Ja“ oberflächlich und ein leeres Wort ist. Der andere reagierte spontan auf die Anforderung seines Vaters und sagte: „Ich will nicht.“ also, er reagierte darauf mit einem „Nein.“ „Später aber reute es ihn und er ging hinaus.“ Durch sein Handeln hat er einen Sinneswandel gezeigt.

Die zwei Brüder wohnen auch in einem jeden von uns. Nicht selten reagieren wir wie der erste spontan auf eine Anforderung und sagen: „Ja, ich will!“ ohne dass wir unser Versprechen erfüllen. Wir kennen solche Versprechungen, vor allem aus der Politik, aber auch beim Zusammenleben im kleineren Kreis gibt es immer wieder Zusagen, die dann nicht eingehalten werden.

Doch auch die andere Seite, den anderen Bruder gibt es in unserem Leben: jeder, jede unter uns hat schon die Erfahrung gemacht, dass er/sie „umkehren“ und anders handeln. Warum dieser Wandel? Vielleicht weil wir durch eine Begegnung berührt worden sind, weil uns eine Situation zu Herzen gegangen ist, die Augen geöffnet hat.

Es geht hier nicht um Ja oder Nein zu sagen. Vielmehr geht es um die Entscheidungen, die wir jeden Tag treffen, die Zustimmungen oder Absagen, die wir durch unser Verhalten, unser Handeln andeuten.

Wisst ihr, dass wir hier in dieser Messe sind, ist eine Art von Zusage, also eine Zusage, die nicht nur gesprochen wurde, sondern vielmehr in der Tat umgesetzt ist. Wir wollen Gott anbeten, ihm danken, ihm zuhören. Und das tun wir jetzt in Wirklichkeit.

Jede Entscheidung, die wir treffen, jedes Handeln, das wir durchführen, ist entweder eine Zu- bzw. Absage. Es ist aber nicht egal, ob wir ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ sagen. Es ist auch nicht egal, zu wem oder zu Was wir ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ sagen. Denn jede Entscheidung, die wir treffen, hat Wirkung(en) nicht nur in unserem Leben, sondern auch im Leben anderer Menschen. Manche Entscheidungen rauben uns unser Leben, unsere Zukunft, oder unsere Ruhe. Manche zerstören sogar das Leben anderer Menschen.

Damit kommen wir zum Hauptthema der heutigen Lesungen: Umkehr.  Mit dem Gleichnis der zwei Brüder stellt uns auch Jesus das Thema „Umkehr“ vor. Die Botschaft ist, dass Umkehr nicht nur möglich ist, sondern, dass sie sogar dringend sein kann. Wenn meine Entscheidung, wenn mein Handeln und Verhalten Leben zerstört – meines oder das Leben eines anderen – und Gerechtigkeit beeinträchtigt, ist es dringend, dass ich mich umkehre.

Das Problem ist nur, dass der Mensch, der Unrecht tut, manchmal nicht versteht, dass er Unrecht tut. Als begrenzte Wesen sind wir Menschen nicht im Besitz der vollen Wahrheit und damit ist auch unser Verständnis von unserem Handeln und unseren Worten bruchstückhaft. Das bedeutet dann auch, dass es uns nicht immer klar, was Gerechtigkeit im konkreten Leben bedeutet.  

Ein Mann rief mich vor ein paar Tage an und fragte, ob ich ihn darüber informieren könnte, was in der katholischen Kirche ein ausreichender Grund für die Annullierung einer Ehe ist. Er meinte damit, dass er genug von dem Ärger mit seiner Frau hatte. Dann fing er an zu weinen, als er mir sagte: „Ich kann meine Frau nicht mehr erkennen. Das war nicht die Frau, die ich geheiratet habe.“ Ich versuchte ihn zu beruhigen.

Später habe ich dann seine Frau angerufen und wollte von ihrer Seite hören. Sie sagte mir fast das Gleiche: „Mein Mann hat sich in seinem Verhalten mir gegenüber sehr verändert. Ich kann ihn nicht mehr ertragen!“ Wem von ihnen soll ich nun glauben?

Es ist nicht selten, dass die Menschen vor Gericht gehen, um zu erfahren, wer Unrecht tut und wer das Recht hat. Wir erklären die Frage nach der Gerechtigkeit im konkreten Leben miteinander erst vor Gericht. Damit zeigen wir, dass wir nicht immer erkennen, wo die Gerechtigkeit steht, und wissen nicht immer, dass wir den anderen oder uns selbst ungerecht behandeln.

Umkehr findet nicht statt, wenn man sich nicht bewusst ist, dass er Umkehr nötig hat. Deshalb sollte Umkehr mit meiner Bereitschaft beginnen, nach der Wahrheit zu streben. Ich strebe nach der Wahrheit. Ich wäge mein Verhalten mit der Wahrheit ab, die ich kenne. Erst dann kann ich anders handeln, je nachdem, wie weit ich bei der Entdeckung der Wahrheit bin. Wenn Jesus im heutigen Evangelium seinen Zuhörern sagt: „Ihr habt es gesehen, und doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht geglaubt“ stellt er ihnen und auch uns die Anforderung: „lebt im Einklang mit der Wahrheit, die du kennst!“

Vertreter der Weltkirche werden diesen Monat in Rom zur Synode der Synodalität zusammenkommen. Synode ist für die Kirche eine Gelegenheit, zu überlegen, ob sie im Einklang mit der Wahrheit wirkt. Wir beten heute, dass die Vertreter das im Sinne haben, alles in Bezug auf die Wahrheit zu überlegen. Jesus Christus ist die Wahrheit!

Und wenn wir in unserem eigenen Leben den Weg der Umkehr vollständig gehen wollen, dann müssen wir ständig auf Jesus als das Ziel schauen. Er ist die Wahrheit. Sein Leben und seine vorbildliche Liebe dienen für uns Christen als Endziel der Umkehr. In der zweiten Lesung sind wir daher gefordert: „Seid so gesinnt wie Christus Jesus!“ An ihm, am Beispiel seiner Liebe erkennen wir, wo wir Umkehr nötig haben, und wohin wir hinkehren sollten. Gerechtigkeit im christlichen Sinne bedeutet, zu Jesus Christus zu stehen, in seiner Liebe zu bleiben, das eigene Leben in dieser Liebe zu gestalten und in dieser Liebe miteinander verbunden zu bleiben.



Evangelium vom 26. Sonntag im Jahreskreis im Lesejahr C

Das Beispiel vom reichen Mann und vom armen Lazarus

Lk 16,19-31

Hunde lecken die Geschwüre des Lazarus. Die Reichen sitzen am Tisch und lassen neue Mahlzeitenzeiten zubereiten.
Vom reichen Mann und vom armen Lazarus
Früchteteppich 2017 Sargenzell

In jener Zeit sprach Jesus: Es war einmal ein reicher Mann, der sich in Purpur und feines Leinen kleidete und Tag für Tag herrlich und in Freuden lebte. Vor der Tür des Reichen aber lag ein armer Mann namens Lazarus, dessen Leib voller Geschwüre war. Er hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel. Statt dessen kamen die Hunde und leckten an seinen Geschwüren.

Als nun der Arme starb, wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben.

In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt, blickte er auf und sah von weitem Abraham, und Lazarus in seinem Schoß. Da rief er: Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir, und schick Lazarus zu mir; er soll wenigstens die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen und mir die Zunge kühlen, denn ich leide große Qual in diesem Feuer.

Abraham erwiderte: Mein Kind, denk daran, dass du schon zu Lebzeiten deinen Anteil am Guten erhalten hast, Lazarus aber nur Schlechtes. Jetzt wird er dafür getröstet, du aber musst leiden. Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, so dass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte.

Da sagte der Reiche: Dann bitte ich dich, Vater, schick ihn in das Haus meines Vaters! Denn ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen. Abraham aber sagte: Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören.

Er erwiderte: Nein, Vater Abraham, nur wenn einer von den Toten zu ihnen kommt, werden sie umkehren. Darauf sagte Abraham: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.





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Video zum Thema:


Kommentare zu diesen Evangelium:
Der Herr sieht das Herz (vgl. 1 Sam 16,7), Hl. Augustinus (354-430)
Lazarus wird getröstet, du aber leidest große Qual, Schott - Messbuch