Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko


Predigt zum 29. Sonntag im Jahreskreis Lesejahr: C

Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört (Mt 22,21)

Heute, am Weltmissionssonntag, sollte man alles betonen, was dem Gelingen der Missio dient. Wir sind aufgetragen, den Geist des Evangeliums zur Geltung zu bringen und in Gesellschaft überall in der Welt hineinzutragen. Alles Engagement, alle Beiträge und Haltungen, die diese Aufgabe unterstützt, sind dann eine richtige Antwort auf das Evangelium.

In diesem Zusammenhang möchte ich diese Predigt auf die Aufforderung Jesu im heutigen Evangelium beziehen: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört“ (Mt 22,21)

Mir wurde dieser Vers schon in den ersten Tagen nach meiner Konversion zum Christentum bekannt. Ich wurde von der Naturreligion zum Christentum konvertiert, mit 14 Jahren getauft und wollte alles ablehnen, was mit Natur- und Traditionsreligion zu tun hatte. Dann hat mir mein Vater, der damals noch kein Christ war, immer gesagt: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört und Gott, was Gott gehört.“

Das schien der einzige Bibelvers zu sein, den er kannte, aber damit riet er mir, ihm bei seinem ‚Gottesdienst‘ zu helfen, Gottesdienst im Sinne der Naturreligion. Er wollte mir damit beibringen, dass Christsein nicht bedeutet, dass ich fortan ein Gegner der Naturreligion sein sollte. Seitdem habe ich diesen Vers nie vergessen.

Vielleicht hast Du ja auch eine eigene Erfahrung mit diesem Bibelvers gemacht. Die Frage ist: Was meinte Jesus mit seiner Antwort?

Diese verblüffende Antwort Jesu auf die Frage der Pharisäer um Loyalität und Steuerzahlung an den Kaiser ist nicht nur genial, sondern auch von kaum zu überschätzender Bedeutung für das Verhältnis von Kirche und Staat im christlichen Abendland.

Es ist selbstverständlich klar zu erkennen, dass in der Situation, in der Jesus diesen Ratschlag gibt, diejenigen, die die politische Macht besaßen, den Kaiser vertraten. Mit seiner Antwort rät uns Jesus zwar, den Regierenden der Gesellschaft Gehorsam zu leisten, aber nur insoweit, als dies nicht im Widerspruch zu unserem Dienst an Gott steht.

Wenn auch die Münze das Bild des Kaisers trägt und darum dem Kaiser gehört, so ist der Mensch auch das Ebenbild Gottes; darum gehört der Mensch Gott. Der Dienst, den wir als Christen dem Staat gegenüber leisten, soll unserer Würde als Menschen (oder auch der Würde unserer Mitmenschen) nicht widersprechen.

Wenn wir als Ebenbild Gottes unsere menschliche Würde bewahren und den anderen helfen, ihre Würde als Ebenbild Gottes zu behalten, dann geben wir dadurch Gott, was Ihm gehört. Wir müssen deshalb dem Staat dann den Gehorsam verweigern, wenn er uns zum Widerspruch gegen unsere Menschenwürde auffordert.

Wie schon gesagt, es ist uns als Christen aufgetragen, den Geist des Evangeliums zur Geltung zu bringen und in Politik und Gesellschaft hineinzutragen und das um ein humanes, menschen- und schöpfungsfreundliches Gestalten der irdischen Belange zu fördern. Und es ist uns aufgetragen, Einspruch zu erheben, wenn Gesetze Unrecht gutheißen, Arme benachteiligen, Ungerechtigkeiten begünstigen oder gar Tötung wie etwa an Ungeborenen erlauben.

Das Christentum hat immer Loyalität gegenüber Regierungen jeglicher Art praktiziert, auch gegenüber nicht- oder gar unchristlichen Regierungen. Nicht zuletzt durch das Gebet für die Regierenden kommt das zum Ausdruck. Allerdings galt und gilt die Loyalität nie vorbehaltlos.

Die Grenze ist da erreicht, wo ein Staat Unrecht tut oder gar Unrecht fordert. Dann gilt der Satz aus der Apostelgeschichte: Wir müssen Gott mehr gehorchen als den Menschen (vgl. Apg 4,19). Das bedeutet, der Staat darf nicht der Maßstab unseres Handelns als Christen sein, sondern Christus, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist.

Bei der Antwort Jesu: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört“ geht es aber nicht nur um das Verhältnis zwischen Kirche und Staat, oder dem Gläubigen und dem Staat, sondern sie vermittelt auch die Strategie, mit der Jesus seine Botschaft – die Botschaft der Liebe – über alle Einschränkungen von Gruppen hinaus vermittelt hat.

Seine Botschaft baut Brücken zwischen Gruppen, Ländern, Konfessionen, und Menschen unterschiedlicher Meinungen usw., weil diese Botschaft das Gute anerkennt, egal, wo sie es findet. Sie hilft uns, zu entscheiden, wie wir handeln können, in einer Situation, wo Konfessionen, Kulturen, oder sogar Meinungen unterschiedlich sind, ohne den Kern unseres Glaubens als Christen zu kompromittieren. 

Jesus sagt uns heute, dem Kaiser zu geben, was dem Kaiser gehört, ohne, dass wir Gott verweigern, was Gott gehört. Wir können in vielen Situationen unseres Lebens diese Strategie praktizieren.

Wenn Meinungen unterschiedlich sind, sollen wir nicht fragen: „Gehört er zu meiner Gruppe?“, sondern: „Gibt es die Wahrheit oder etwas Gutes in seiner Meinung?“ In einer Situation, in der verschiedene Meinungen im Spiel sind, sollen wir nicht fragen: „Wer sagt was?“, sondern: „Wo liegt die Wahrheit?“, „Was fördert das Gute und die Würde des Menschen?“ und „Wie kann ich am besten nicht nur mich, sondern auch meine Mitmenschen schützen und ihnen helfen?“

Liebe Schwestern und Brüder, dieses Gleichgewicht, diese Haltung brauchen wir unbedingt, wenn wir unterwegs mit der Botschaft Jesu Christi sind. Denn es fördert das Gelingen des Evangeliums, es unterstützt die Missio, wenn wir als Christen das Gute anerkennen und gutheißen, egal wo wir es finden, und den Mut haben, das Unrecht zu bekämpfen.



Evangelium vom 29. Sonntag im Jahreskreis im Lesejahr C

Das Gleichnis vom Richter und der Witwe

Lk 18,1-8

In jener Zeit sagte Jesus den Jüngern durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten:

Justizia hält mit verbundenen Augen in der Hand eine Waage.
Gott richtet gerecht!
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In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Feind! Lange wollte er nichts davon wissen. Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht; trotzdem will ich dieser Witwe zu ihrem Recht verhelfen, denn sie lässt mich nicht in Ruhe. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht.

Und der Herr fügte hinzu: Bedenkt, was der ungerechte Richter sagt. Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern zögern?

Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen.

Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?





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Kommentare zu diesen Evangelium:
Gott, einziger Lehrer des Gebetes, Hl. Johannes Klimakos (um 575-um 650)
Sollte Gott seinen Auserwählten, die zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen?, Schott - Messbuch