Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko


Predigt zum Pfingsten Lesejahr: B

Der Geist bewegt, auch heute!

Liebe Schwestern und Brüder, wir feiern heute ein besonderes Fest in der Kirche. Wir feiern den Geburtstag der Kirche. An diesem Tag erfüllte Jesus seine Verheißung, seinen Jüngern einen Beistand zu senden, „der für immer bei euch bleiben soll“ (Joh 14,16). Die Jünger mussten auf die Erfüllung dieser Verheißung warten, bevor sie gesendet wurden.

Das Kommen des Heiligen Geistes ist also für die damaligen Jünger Jesu die Vollendung der Vorbereitungsphase zur Jüngerschaft. Am Pfingsttag geschah nicht nur der Empfang des Heiligen Geistes, sondern auch die Aktivierung der Sendung der Jünger, als Vertreter Jesu, als Diener der Frohen Botschaft. Der Pfingsttag ist daher der Geburtstag der Kirche. Denn ab diesem Tag begingen sich die Jünger an das gemeinsame Werk als Diener der Frohen Botschaft. Somit ist die Kirche entstanden.

Wir erkennen die Notwendigkeit des Heiligen Geistes für Jüngerschaft, wenn wir an den Unterschied denken, zwischen dem Zustand der Jünger vor und nach dem Empfang des Heiligen Geistes. Vor dem Empfang des Heiligen Geistes saßen sie ängstlich und verunsichert bei verschlossenen Türen beisammen. Sie waren aber ganz anders nach dem Geistempfang: begeistert und voll Mut. Mithilfe des Heiligen Geistes trauten sich die Jünger, von Jesus zu erzählen. Sie verkündeten die Frohe Botschaft ohne Angst vor den Pharisäern.

So begeistert waren sie, dass sie viele vom christlichen Glauben überzeugten. Seit diesem Ereignis haben sich die Jünger Jesu in der Verkündigung der Frohen Botschaft vereint. In dieser gemeinsamen Aufgabe besteht der Sinn der Kirche.

Liebe Schwestern und Brüder, ohne diesen Geist, der den Jüngern geholfen hat, ihre Ängste zu überwinden, den Geist, der ihre Sprachen gegenseitig verständlich gemacht hat, wäre es keine Kirche gegeben. Und es ist auch richtig zu sagen, dass es keine Jüngerschaft geben würde, ohne die Hilfe des Heiligen Geistes.

Das heißt, ihr und ich, wir können Jünger Jesu nicht sein, wenn es uns den Heiligen Geist fehlt. Das ist auch der Sinn des Sakraments „Firmung“. Jede und jeder, der Jünger Jesu sein möchte, muss den Geist Gottes empfangen. Anders geht es nicht. Warum?

Die Überzeugung, die Frohe Botschaft zu dienen, ist nur mithilfe des Heiligen Geistes möglich. Es gibt drei wichtigen Worte in den heutigen Lesungen gehört haben: Feuer, Sprache und Einheit. Diese sind Worte, die die Wirkung des Heiligen Geistes bbezeichnn.

Feuer verstehen wir hier im Zusammenhang mit Begeisterung. Wenn man für etwas begeistert ist, sagen wir er für das entflammt ist. Begeisterung hat mit tiefer Überzeugung zu tun. Man kann nicht für etwas entflammt sein, wenn es von diesem keine tiefe Überzeugung gibt. Die Überzeugung für die Frohe Botschaft kommt nur durch persönliches Erlebnis dieser Botschaft. Der Heilige Geist ermöglicht es uns, die Liebe Jesu selber zu erleben. Dann sind wir davon tief überzeugt, dass seine Liebe wahrhaft ist.

Das zweite Zeichen – unterschiedliche Sprachen – hat mit der Verschiedenheit der Menschen zu tun. Menschen aus allen Völkern mit unterschiedlichen Sprachen waren dabei am Pfingsttag, als die Jünger Jesu den Geist empfingen. Es waren bei diesem Ereignis Frauen und Männer aus allen Völkern und aus unterschiedlichen Sprachen. Aber sie konnten hören, wie die Jünger die großen Taten Gottes in ihren Sprachen verkündeten. Sie konnten die Rede der Jünger in ihren Muttersprachen verstehen.

Die Jünger haben mithilfe des Heiligen Geistes die Frohe Botschaft in einer Sprache verkündet, die Menschen aus allen Völkern und von unterschiedlichen Sprachen verstanden. Diese Sprache nennt man die Sprache der Liebe. Liebe ist eine Sprache, die jeder verstehen kann, unabhängig davon, woher er kommt, welche Sprache er spricht oder welche Hautfarbe er hat. Liebe ist die Sprache der Frohen Botschaft, die Sprache der Jüngerschaft. Ohne den Heiligen Geist können wir diese Sprache niemals beherrschen. Er ermöglicht dann die Einheit, von der wir in der zweiten Lesung gehört haben. Der Geist der Einheit!

Wenn wir uns heute die Kirche ansehen, wenn wir den Zustand des christlichen Glaubens in der Welt betrachten, könnten wir vielleicht denken, der Geist sei nicht mehr da. Wenn viele heute sagen: „Ich verstehe meine Kirche nicht mehr, ich verstehe die Kirche nicht mehr!“, dann meinen sie vielleicht, dass es ihr (der Kirche) an dem Geist fehlt, der ihre Verkündigung der Frohen Botschaft für die heutige Welt verständlich macht. Es fehlt ihr die Sprache der Liebe!

Ja, wir wissen, wie herausfordernd es heute ist, Jüngerin oder Jünger Jesu zu sein, in einer Gesellschaft, die zusehends säkularer wird, in der viele Menschen die Rede über Gott als Oldschool ansehen. In dieser Gesellschaft scheint die Kirche und das, was sie zu bieten hat, nicht relevant zu sein. Auch damals, in der Zeit der frühen Kirche, war der christliche Glaube in der Minderheit. Der Unterschied liegt in der Begeisterung und dem Mut, mit denen sie das Evangelium verkündeten, und in der Sprache der Liebe, die ihre Botschaft attraktiv machte. Diejenigen, die die Worte ihrer Verkündigung nicht sofort verstanden haben, waren erstaunt und überzeugt von ihrer Liebe.

Der Heilige Geist schenkt uns diese Begeisterung; er gibt uns den Mut und die Liebe, die das Evangelium glaubwürdig machen. Die Kirche braucht diesen Geist. Und wenn ich von der Kirche spreche, dann meine ich nicht die Strukturen, sondern uns, die wir auf den Namen Jesus Christus getauft sind. Wir brauchen den Heiligen Geist!

Unsere Welt und unsere Kirche brauchen Menschen, die den Auftrag Jesu wahrnehmen und die sich voll Mut und Begeisterung für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen. Seien wir mutig, wagen wir es und lassen wir uns vom Geist Gottes leiten und inspirieren. Wenn wir uns (wenn ich mich) vom Geist Gottes beleben und ermutigen lassen, kann in unserem Leben, in unserer Jüngerschaft Neues entstehen und Bewährtes weiterwirken.



Evangelium vom Pfingsten im Lesejahr B