Auswahl der Predigten von Pater Ezekiel Oko


Predigt zum 16. Sonntag im Jahreskreis Lesejahr: A

Unkraut in jedem Menschen

Liebe Schwestern und Brüder, wer den Lehren Jesu sehr ernsthaft folgt, stellt früher oder später fest, dass sie oft nicht mit unserer gewohnten Sicht der Dinge übereinstimmen.  Auch im heutigen Evangelium – also im Gleichnis vom Unkraut in der Saat, gibt Jesus eine Lehre, die dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen scheint.

Zumindest in Galiläa und Judäa seiner Zeit hielten es die Bauern nicht für vernünftig, Samen zusammen mit Unkraut wachsen zu lassen. Sie würden es auch nicht als eine effektive Art der Landwirtschaft verstehen. Denn in der Regel suchen die Landwirte immer nach einer effektiven Möglichkeit, das Wachstum des Unkrauts zumindest zu minimieren. Nur so können sie die Chancen auf eine reiche Ernte maximieren.

Ich weiß nicht, ob es hier in Deutschland anders ist, aber in meinem Heimatland Nigeria haben die Landwirte immer noch verschiedene Methoden, um das Wachstum von Unkraut zu verhindern oder zu minimieren. Dies braucht normalerweise ein sorgfältige Arbeit und wird bis der Ernte mehrmals wiederholt!

Auch die Menschen, die heute aus ökologischer Perspektive Schwierigkeit mit dem Wort „Unkraut“ haben, die Biologen, die statt „Unkraut“ andere alternativen Begriffe – wie Wildkräuter, Wildpflanzen usw. – anwenden würden, weil sie betonen, dass jede Art von Pflanze für eine gesunde Ökologie notwendig ist, sind auch damit einverstanden, dass diese „unerwünschte Gewächse“ für den Bauer sein können.

Warum rät der Gutsherr von radikaler Ausrottung des Unkrauts ab? In diesem Gleichnis geht es Jesus weder um Ökologie noch um Landwirtschaft. Es ist ja auch der Charakter von Gleichnissen, dass sie nicht eins zu eins zu verstehen sind. Es geht Jesus also nicht darum, wie der Bauer mit Unkraut umgehen sollte, sondern um die Natur des Böses – im Leben eines jeden Menschen, in der Gesellschaft, in der Welt – und wie wir den Ursprung und die Entwicklung des Bösen verstehen und damit umgehen sollten.

Der Kern seiner Lehre:
1. Angesichts der Komplexität der Lebensrealität kann es schon kompliziert sein, das Gute und das Böse zu unterscheiden.
2. Der Versuch, das böse sofort und radikal auszurotten, kann mehr Unheil bringen als Gute bewirken; 
3. Ein ausgewogenes Urteil braucht Zeit, Geduld, sorgfältiger Beobachtung und die Hilfe des Heiligen Geistes.

Jesus will uns davon abraten, die Menschen einfach in zwei Gruppen einzuteilen, in die bösen und die guten. Denn im Leben eines jeden Menschen können sich zwei Tendenzen entwickeln - die eine zum Guten und die andere zum Bösen. Deshalb entspricht es nicht der Lehre Jesu, einen Menschen als böse zu verurteilen.

Menschen können sich bösartig verhalten; wir können bösartiges Verhalten auch verurteilen, aber wir dürfen die Person selbst nicht endgültig als böse verurteilen. Warum eigentlich? Der Mensch ist viel mehr als sein böses Verhalten. Er hat andere Seiten, die wir nicht kennen - seine Geschichte und seine Zukunft. Er kann sich ändern; er kann sein Verhalten ändern. Daher ist eine endgültige Verurteilung eines lebenden Menschen als böse kein ausgewogenes Urteil.

Selbst wenn wir eine bestimmte Handlung (in einer bestimmten Situation) beurteilen, warnt Jesus uns vor einem vorschnellen Urteil. Es braucht Zeit, bis man ein ausgewogenes Urteil fällen kann. Bis dahin ist Zurückhaltung zu üben und es gilt die Unschuldsvermutung.

Liebe Schwestern und Brüder, Gott, der die Menschen viel besser kennen als wir, er verurteilt keinen Menschen vorschnell. Er bleibt menschenfreundlich und gibt Chancen zur Umkehr. Wir haben eben in der ersten Lesung gehört:

Weil du über Stärke verfügst, richtest du in Milde und behandelst uns mit großer Schonung; denn die Macht steht dir zur Verfügung, wann immer du willst. Durch solches Handeln hast du dein Volk gelehrt, dass der Gerechte menschenfreundlich sein muss, und hast deinen Söhnen und Töchtern die Hoffnung geschenkt, dass du den Sündern die Umkehr gewährst.“

Menschenfreundlichkeit und Chancen zur Umkehr! Das können auch wir einander schenken!

Neben der Warnung vor vorschnellem Urteil des Menschen gilt dieses Gleichnis auch als Warnung vor vereinfachten Lösungen für komplexe gesellschaftliche Herausforderungen, d. h. vor Lösungen, die möglicherweise mehr Unheil anrichten, als sie Gutes bewirken. Wir erleben manchmal, wo Menschen vereinfachte Lösungsvorschläge oder ihre politischen Ideologien einfach durchsetzung wollen, als Antwort auf komplexe gesellschaftliche Problemen. Solcher Weg zur Lösung hilft nicht. Deshalb werden wir in diesem Gleichnis auch davor gewarnt.

Die Frage ist aber: kann dann Unentschiedenheit eine Lösung für solche Situationen sein? Nein! Auch davor werden wir gewarnt. Das Gleichnis endet mit einem klaren Urteil.

Wie die Knechte im Gleichnis sollen wir aufmerksam beobachten, wie sich unser Handeln mit der Zeit entwickelt und auswirkt. Letztlich sollen wir uns aber klar von allem Bösen in unserem Leben distanzieren.

Darüber hinaus sollen wir das Leben und die Entwicklungen in der Welt mit offenen Augen beobachten, damit wir um ein klares Urteil ringen und daran mitwirken können, dass es uns immer besser gelingt, zu unterscheiden, was für uns alle gut ist und was nicht.

Liebe Schwestern und Brüder, dazu brauchen wir nicht nur viel Zeit, Geduld und aufmerksames Engagement, sondern auch die Hilfe des Heiligen Geistes. „Der Geist nimmt sich unserer Schwachheit an. Er selber tritt für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern.“



Evangelium vom 16. Sonntag im Jahreskreis im Lesejahr A

Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen, vom Senfkorn und vom Sauerteig

Mt 13,24-43

In jener Zeit erzählte Jesus der Menge das folgende Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte.

Weizen und UNkraut wachsen zusammen auf einem Feld.
Beides wächst bis zur Ernte! 

Während nun die Leute schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging wieder weg.
Als die Saat aufging und sich die Ähren bildeten, kam auch das Unkraut zum Vorschein. Da gingen die Knechte zu dem Gutsherrn und sagten: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut? Er antwortete: Das hat ein Feind von mir getan. Da sagten die Knechte zu ihm: Sollen wir gehen und es ausreißen? Er entgegnete: Nein, sonst reißt ihr zusammen mit dem Unkraut auch den Weizen aus. Lasst beides wachsen bis zur Ernte. Wenn dann die Zeit der Ernte da ist, werde ich den Arbeitern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune.

Er erzählte ihnen ein weiteres Gleichnis und sagte: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn, das ein Mann auf seinen Acker säte. Es ist das kleinste von allen Samenkörnern; sobald es aber hochgewachsen ist, ist es größer als die anderen Gewächse und wird zu einem Baum, so dass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten.

Und er erzählte ihnen noch ein Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit dem Sauerteig, den eine Frau unter einen großen Trog Mehl mischte, bis das Ganze durchsäuert war. Dies alles sagte Jesus der Menschenmenge durch Gleichnisse; er redete nur in Gleichnissen zu ihnen. Damit sollte sich erfüllen, was durch den Propheten gesagt worden ist: Ich öffne meinen Mund und rede in Gleichnissen, ich verkünde, was seit der Schöpfung verborgen war.

Dann verließ er die Menge und ging nach Hause. Und seine Jünger kamen zu ihm und sagten: Erkläre uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker.

Neben einem ertragreichen Weizenfeld blühen am Rand rote Kornblumen.
Am Schluss wird abgerechnet! 

Er antwortete: Der Mann, der den guten Samen sät, ist der Menschensohn; der Acker ist die Welt; der gute Samen, das sind die Söhne des Reiches; das Unkraut sind die Söhne des Bösen; der Feind, der es gesät hat, ist der Teufel; die Ernte ist das Ende der Welt; die Arbeiter bei dieser Ernte sind die Engel. Wie nun das Unkraut aufgesammelt und im Feuer verbrannt wird, so wird es auch am Ende der Welt sein: Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben, und werden sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen. Dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters wie die Sonne leuchten. Wer Ohren hat, der höre!





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Kommentare zu diesen Evangelium:
Bis der ganze Teig aufgegangen war, Heiliger Makarius dem Ägypter (?-390)
Lasst beides wachsen bis zur Ernte, Schott Meßbuch